Ein Artikel in Kooperation mit Jura für alle
Im Text verwendete grammatische Formen schließen alle geschlechtlichen Identitäten ein.
von Sarah Boeheim
(Law&Legal)
Im Grundsatz haften Mieter für das vertragswidrige Verhalten ihres Besuchs, allerdings gilt das nicht ausnahmslos. Klauseln im Mietvertrag, welche dem Mieter die volle Haftung auferlegen, können unwirksam sein. Komplizierter gestaltet sich die Rechtslage, wenn es Fragen der Haftung für Mitbewohner betrifft. Hierbei kommt es entscheidend auf den konkreten Mietvertrag an.
Haften Mieter für ihren Besuch?
Mieter einer Mietwohnung dürfen Besuch empfangen und das grundsätzlich ohne Einschränkungen seitens des Vermieters. Ausnahmen hiervon sind nur gegenüber bestimmten Personen zulässig, die in der Vergangenheit während ihres Besuchs schwerwiegende Verstöße begingen oder bei einer Überschreitung eines gewissen zeitlichen Limits, etwa bei einem Besuch über mehrere Wochen. Die konkrete Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, jedoch wurden in der Vergangenheit von der Rechtsprechung Besuche bis zu 6 Wochen ohne Einwilligung des Vermieters akzeptiert.
Für den Vermieter bedeutet das einen gewissen Kontrollverlust. Deshalb finden sich häufig Klauseln in Mietverträgen, welche die Verantwortung für sämtliche durch Besucher herbeigeführte Schäden dem Mieter übertragen. Im Prinzip muss sich der Mieter das vertragswidrige Verhalten seiner Gäste zurechnen lassen und dafür einstehen. Allerdings gilt auch das nicht ausnahmslos. Vielmehr sind die konkreten Umstände der Beschädigung der Mietsache entscheidend: Handelt es sich beispielsweise um einen ungebetenen Besucher, der die Wohnungstür eintritt, weil der Mieter ihm diese nicht aufmacht, verletzt der Mieter keine Obhuts- und Sorgfaltspflichten und muss für den Schaden nicht einstehen. Dies gilt selbst dann, wenn in seinem Mietvertrag steht, dass er für sämtliche Schäden durch Besuch einstehen muss (AG Köln, Urteil vom 07. März 1991 – 215 (216) C 288/90). Ein weiteres Beispiel, diesmal aus Bayern: Nachdem eine Hausparty von der Polizei aufgelöst wurde, randalierte ein Besucher auf dem Weg nach draußen im Treppenhaus und beschädigte die Tür einer Nachbarin. Da der Gast hier nur die Gelegenheit, im Gebäude zu sein, ausnutzte und nicht von dem Mieter zur Tat animiert wurde und dieser nicht mit einer solchen Aktion rechnen musste, haftete der Mieter auch in diesem Fall trotz anderslautender Klausel im Mietvertrag nicht (AG Pfaffenhofen a.d. Ilm 4. März 2016 – 1 C 829/15).
Hafte ich für Mitbewohner?
Komplizierter gestaltet sich die rechtliche Bewertung, wenn sie die Haftung wegen Schäden betrifft, welche durch Mitbewohner verursacht wurden. Entscheidend ist hier, wie der Mietvertrag ausgestaltet ist. Grundsätzlich müssen vier Konstellationen unterschieden werden.
1.) Die WG als solche ist Hauptmieterin
Die komplexeste Variante vorweg: Der Mietvertrag kann zwischen dem Vermieter und der WG als solcher geschlossen werden. Dabei werden nicht die einzelnen Mitbewohner als sog. natürliche Personen Vertragspartner, sondern sie bilden zusammen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (kurz: GbR), welche den Mietvertrag mit dem Vermieter eingeht. Für die Gründung einer GbR bedarf es keines schriftlichen Gesellschaftsvertrags, sondern zunächst lediglich der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks.
Allerdings ist diese Konstellation in der Praxis selten, sodass im Zweifel häufiger eine Vermietung an eine Personenmehrheit – sprich: ein Vermieter, mehrere Hauptmieter – vorliegt (siehe unter 2.)).
Was gilt hinsichtlich der Haftung bei einer GbR als Mieterin?
Sollte dennoch Wohnraum an eine GbR vermietet worden sein, haftet zunächst die GbR als solche mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Da dieses aber in der Regel nicht vorliegt, bzw. eine WG-Kasse meist keine größeren Schäden ausgleichen kann, haften daneben die Mitbewohner persönlich als Gesamtschuldner. Das heißt, dass der Vermieter den Ersatz des Schadens von jedem einzelnen Bewohner in voller Höhe verlangen kann und dieser sich anschließend darum kümmern muss, das Geld von seinen Mitbewohnern zurück zu bekommen. Untereinander sind die einzelnen Bewohner der WG in der Regel zu gleichen Teilen verpflichtet. Tritt also ein Schaden auf, für den die WG aufkommen muss, müssen alle gleich viel zahlen. Zu beachten ist hierbei, dass die übrigen Mitbewohner auch dann an den Vermieter zahlen müssen, wenn jemand von ihnen nicht zahlen kann. Ihre Anteile erhöhen sich schlicht.
Ein Beispiel: A, B und C bilden eine GbR, die eine Wohnung angemietet hat. Die GbR mit einem eigenen Vermögen von 100,- EUR muss für einen Schaden iHv. 1.000,- EUR haften. Nun hat der Vermieter verschiedene Möglichkeiten, zwischen denen er frei wählen kann. Entweder holt er sich zunächst 100,- EUR von der GbR und dann jeweils 300,- EUR von jedem einzelnen Mieter. Ihm stünde es aber auch frei, sich bezüglich des gesamten Schadens an A zu wenden, was etwa ratsam wäre, wenn B und C insolvent sind. A könnte und müsste dann von B und C jeweils 1/3 des Schadens eintreiben, um sich insoweit selbst schadlos zu halten.
2.) Alle Mitbewohner sind Hauptmieter
Wie bereits erwähnt gibt es weiterhin die Möglichkeit, Wohnraum an eine Personenmehrheit zu vermieten. Hierbei werden die einzelnen Mitbewohner jeweils Vertragspartner des Vermieters. Das ist im Normalfall gegeben, wenn alle Mieter namentlich im Vertrag erwähnt sind und diesen jeweils unterschieben haben.
Was gilt hinsichtlich der Haftung?
Auch in dieser Konstellation haften die Mitbewohner als Gesamtschuldner, sodass hier (wie unter 1.) genauer erläutert) der Vermieter nach seiner Wahl Schadensersatz von einem WG-Mitglied in voller Höhe oder anteilig von allen fordern kann. Nach der Rechtsprechung ist dies regelmäßig sogar dann der Fall, wenn nur ein Mitmieter den Schaden verursacht. Insoweit gilt dasselbe wie im obigen Beispiel, nur dass die GbR als Schuldnerin wegfällt.
3.) Eine Person ist Hauptmieter, die Übrigen sind Untermieter
Eine weitere gängige Konstellation liegt vor, wenn der Vermieter mit einem Hauptmieter einen Vertrag abschließt und dieser Hauptmieter dann weitere Personen zur Untermiete einziehen lässt.
Was gilt hinsichtlich der Haftung?
In dieser Variante haftet grundsätzlich lediglich der Hauptmieter gegenüber dem Vermieter – und zwar auch für Schäden, die der Untermieter verursacht, § 540 Abs. 2 BGB. Dies gilt sogar dann, wenn der Vermieter dem Hauptmieter die Erlaubnis erteilt hat, Untermieter einziehen zu lassen, sowie wenn der Untermieter seinen Mietzins direkt an den Vermieter bezahlt. Der Hauptmieter hat jedoch anschließend eigene Ansprüche gegen den Untermieter.
Allerdings gilt das nur für Schäden, welche bei der Verwendung der Mietsache entstanden sind. Für sonstige, weitergehende Schäden, welche durch den Untermieter entstanden sind, hat der Mieter nicht geradezustehen.
4.) Jeder Bewohner hat einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter
Schließlich haftet in dieser Konstellation jeder Bewohner nur für den von ihm selbst verursachten Schaden.
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