Enteignung eines Grundstückseigentümers

Ein Artikel in Kooperation mit Jura für alle

Im Text verwendete grammatische Formen schließen alle geschlechtlichen Identitäten ein.
von Julia Rebecca Kohler
(Law&Legal)

Die Enteignung eines Grundstückseigentümers ist (lediglich) dann zulässig, wenn sie durch oder aufgrund eines rechtmäßigen Eingriffsgesetzes zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt, verhältnismäßig ist und der Enteignete angemessen entschädigt wird.


Was ist unter einer Enteignung zu verstehen?

Von der Enteignung eines Grundstückseigentümers spricht man, wenn das Eigentumsrecht oder ein dem Eigentum gleichgestelltes subjektives Recht am Grundstück teilweise oder vollständig durch einen gezielten hoheitlichen Rechtsakt (bspw. ein Verwaltungsakt) zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben entzogen wird. Eine teilweise Entziehung kann bspw. der hoheitliche Zugriff auf einen (abgrenzbaren) Teil des Grundstücks sein.

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Enteignung zulässig?

Aufgrund des grundgesetzlich verankerten Grundsatzes der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) ist eine Enteignung nur unter engen Voraussetzungen rechtmäßig.

  1. Eingriffsgrundlage

Erste Voraussetzung ist, dass die Enteignung des Grundstückseigentümers durch oder aufgrund einer rechtmäßigen Eingriffsgrundlage erfolgt und diese eingehalten wird. Dies bedeutet, dass die Enteignung entweder in einem Gesetz selbst vorgesehen oder die Verwaltung in einem Gesetz zu einer solchen Enteignung ermächtigt wird (Art. 14 Abs. 3 GG). Auch muss das Eingriffsgesetz mit dem Verfassungsrecht in Einklang stehen, insbesondere muss darin die Art und das Ausmaß der Entschädigung des Grundstückseigentümers geregelt sein. Klauseln, die bspw. vorsorglich für den möglichen Fall einer Enteignung eine Entschädigung vorsehen, sind hingegen zu unbestimmt und genügen den Anforderungen an ein rechtmäßiges Eingriffsgesetz nicht.

  1. Zum Wohle der Allgemeinheit

Ferner darf der Grundstückseigentümer lediglich dann enteignet werden, wenn die Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt, das heißt, ein besonderes, dringendes Interesse der Allgemeinheit hieran besteht. Fiskalische oder rein private Interessen allein genügen nicht. Ein besonderes, dringendes Interesse der Allgemeinheit kann bspw. dann zu bejahen sein, wenn der Grundstückseigentümer enteignet wird, um auf seiner Grundstücksfläche einen Teil einer Autobahn oder einer ICE-Strecke zu errichten.

  1. Verhältnismäßigkeit

Auch muss die Enteignung hinsichtlich des Eingriffs in das Grundstückseigentum verhältnismäßig, das heißt zum Erreichen des Enteignungszwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dies bedeutet, dass die Enteignung zum Erreichen des Enteignungszwecks nicht völlig aussichtslos sein darf, das letzte Mittel zur Durchsetzung des Allgemeinwohlinteresses darstellen und im engeren Sinne verhältnismäßig sein muss. Eine Enteignung ist unangemessen, wenn die handelnde Behörde bspw. nicht zunächst versucht hat, einen Kaufvertrag mit dem Betroffenen abzuschließen und in diesem Zusammenhang das Eigentum zu erwerben.

  1. Entschädigung

Der Grundstückseigentümer hat schließlich einen Ausgleich für den durch die Enteignung entstehenden Verlust seines Eigentumsrechts zu erhalten. Der Ausgleich erfolgt in aller Regel in Geld, kann aber bspw. auch in Form eines Ersatzgrundstücks geleistet werden. Die konkrete Höhe ist im Einzelfall unter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Grundstückseigentümers zu ermitteln und orientiert sich an dem Verkehrswert des Grundstücks. Miterfasst sind grds. auch unmittelbare Folgeschäden der Enteignung, wie bspw. Erwerbseinbußen oder Umzugskosten des Grundstückseigentümers. Eine erwartete künftige Wertsteigerung des Grundstücks ist hingegen nicht zu berücksichtigen.

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