Muss ein Mietvertrag schriftlich geschlossen werden?

Ein Artikel unseres Kooperationspartners Jura für alle

Im Text verwendete grammatische Formen schließen alle geschlechtlichen Identitäten ein.

von Michael Titze und Lukas Kleinert
(Jura für alle)


Bei Mietverträgen über Wohnraum, Grundstücke oder Räume schreibt das Gesetz die Schriftform vor. Wird der Vertrag nicht schriftlich geschlossen, ist er nicht unwirksam, sondern er kann ordentlich gekündigt werden, frühestens aber zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums, sofern der Mietvertrag für eine längere Zeit als ein Jahr nicht schriftlich geschlossen wurde.


 

§ 550 S. 1 BGB scheint für bestimmte Mietverträge die Schriftform vorzuschreiben. (1) Was jedoch die Folge ist, wenn die Schriftform nicht eingehalten wird, (2) wann dieses Formerfordernis überhaupt gilt, (3) welchen Zweck dieses verfolgt und (4) was bezüglich der Schriftform zu beachten ist, erklären wir Ihnen im Folgenden.

 

Hier erläutern wir bereits, dass ein Vertrag grundsätzlich nicht schriftlich oder in einer sonstigen besonderen Form wie der notariellen Beurkundung geschlossen werden muss. Ausnahmen gelten jedoch insbesondere aus Beweiszwecken und / oder, wenn die Parteien oder eine Partei vor übereilten rechtlichen Bindungen geschützt werden sollen (Beispiel: Grundstückskauf).

Wie sieht es also beim Mietvertrag aus? § 550 S. 1 BGB scheint die Schriftform vorzuschreiben. Er lautet wie folgt: „Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit.“

Doch was bedeutet dies?

 

Folgen der Nichteinhaltung der Schriftform

Beginnen wir mit den Folgen der Nichteinhaltung der Schriftform. § 550 S. 1 BGB normiert wie gesehen, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt, wenn er für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird. Das bedeutet, dass die Nichtwahrung der Schriftform nicht zur Unwirksamkeit des Mietvertrages führt. Vielmehr gilt er dann als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Warum das von Bedeutung ist, erläutern wir hier ausführlich. Kurz gesagt gilt: Ist der Mietvertrag befristet, kann er nur aus wichtigem Grund gekündigt werden; andernfalls, also wenn keine bestimmte Dauer des Vertrages vereinbart ist, bedarf es für die Kündigung grundsätzlich keines berechtigten Interesses. Anders bei einem unbefristetenMietvertrag über Wohnraum; hier bedarf der Vermieter immer eines berechtigten Interesses an der Kündigung.

Ist der Mietvertrag über Wohnraum also eigentlich auf längere Zeit als ein Jahr befristet (beispielsweise mündlich), haben die Parteien aber die Schriftform nicht gewahrt, „tut das Gesetz so“, als sei der Vertrag nicht befristet. Dann kann der Mietvertrag nach den allgemeinen Regeln ordentlich gekündigt werden. Dies schränkt § 550 S. 2 BGB dahingehend ein, dass dies frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig ist.

 

Zweck des Schriftformerfordernisses

Das Schriftformerfordernis dient in erster Linie den Interessen eines etwaigen Grundstückserwerbers. Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter vom Vermieter an einen Dritten veräußert, tritt der Grundstückserwerber in den Mietvertrag mit dem Mieter ein. Man nennt dies – etwas laienhaft, aber auch das Gesetz ist insoweit sehr unscharf – „Kauf bricht nicht Miete“.

Der Grundstückserwerber hat also ein Interesse daran, zu wissen, was die Parteien vereinbart haben. Fehlt ein schriftlicher Mietvertrag, gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Dann kann der Grundstückserwerber ordentlich kündigen, wenn auch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums. Dabei bedarf er eines berechtigten Interesses.

Zudem dient die Form auch den Beweisinteressen der Vertragsparteien selbst.

 

Wann gilt das Schriftformerfordernis?

Das Schriftformerfordernis gilt nur bei Mietverträgen über Wohnraum und über Grundstücke und Räume. Bei Mietverträgen über sonstige Sachen, etwa über ein Fahrrad, gilt das Schriftformerfordernis daher nicht.

 

Wann ist die Schriftform gewahrt

Grundsätzlich regelt § 126 BGB, was Schriftform bedeutet. Die Norm ist weitgehend selbsterklärend, daher sei sie hier im Wortlaut auszugsweise wiedergegeben:

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift […] unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. […]“

Hierzu gibt es unzählige Details, die wir Ihnen hier ersparen. Eine wichtige Besonderheit gilt jedoch: Wenn die Parteien mehrere gleichlautende Mietverträge erstellen, wäre es eigentlich erforderlich, dass jede Partei eines der gleichlautenden Exemplare eigenhändig unterzeichnet (soweit der Wortlaut von § 126 Abs. 2 BGB) und das unterzeichnete Exemplar, also das Original, der anderen Partei schickt. In der Terminologie des Gesetzes muss also das unterzeichnete Exemplar der anderen Partei zugehen.

Bei § 550 S. 1 BGB gilt jedoch die Besonderheit, dass nicht das Original der anderen Partei zugehen muss, sondern es genügt, wenn eine Kopie, etwa ein Fax, dem anderen gesendet wird. Es bedarf genauer gesprochen keines Zugangs der unterzeichneten Urkunde beim jeweiligen Vertragspartner (BGH, Urteil vom 7.3.2018 – XII ZR 129/16).

 

 

 

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Der Beitrag wurde von unseren Mitgliedern oder Kooperationspartnern verfasst. Wir weisen darauf hin, dass eine Rechtsberatung im konkreten Fall keinesfalls entbehrlich ist. Law&Legal Studentische Rechtsberatung e.V. bietet kostenlose Rechtsberatung für Bedürftige, Studierende und Personen, für die ein Gang zum Anwalt sonst schwierig ist. Mehr erfahren sie unter Beratung und Anfrage.

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